M.M Dr. Hiruie Ermias

Der Advent ist eine Zeit der hingebungsvollen und spirituellen Vorbereitung auf die Weihnachtsfeier. Weihnachten ist einer der neun großen Feiertage unseres Herrn Jesus Christus, die in der äthiopisch-orthodoxen Tewahedo-Kirche hoch gefeiert werden. Der Weihnachtsfeier geht eine kanonische Fastenzeit von 43 Tagen voraus. Die Fastenzeit lautet in Geez ‘Ṣoma nabiyat’ (Die Fastenzeit der Propheten). Sie beginnt am 15. Ḥǝdar (24./25. November) und endet am Vorabend von Weihnachten. Dieses Fasten ist eines der sieben kanonischen Fasten der Kirche. All diese Sieben Fastenzeiten werden von allen Mitgliedern der Kirche gehalten, einschließlich von Kindern ab dem siebten Lebensjahr.

Der Grund, eine so lange Fastenzeit vor Weihnachten einzuhalten, ist mit den biblischen Gedanken verbunden. Wie in verschiedenen Bibelstellen erwähnt, war die Haupterwartung und der Hauptwunsch der Israeliten, die vor Christus lebten, das Kommen des Messias, der die Welt erlösen sollte. Alle Propheten brachten Opfer dar und fasteten, um den Herrgott zu bitten, Seinen einzigen Sohn in die Welt zu schicken, wie König David sagte: „Erwecke Deine Macht und komm und rette uns“ (Ps. 80:1). Die übliche Fastenzeit eines Propheten betrug 40 Tage. Erzprophet Mose hat für 40 Tage lang auf dem Berg Sinai gefastet. Auch unser Herr Jesus hat dasselbe in der Wüste getan (Mt. 4: 1-10). So werden die 40 Fastentage des Advents mit den Fastentagen der Propheten verglichen. Die restlichen 3 Tage werden addiert, um sich an Abrahams Fasten von 3 Tagen zu erinnern. (Gen. 18: 1). Aus diesem Grund wurde die vorweihnachtliche Fastenzeit ‚Das Fasten der Propheten‘ genannt.

Nach der Gottesdiensttradition der Kirche hat jede Adventswoche eine eigene Bezeichnung. Die erste Woche heißt qәddәst ‚eine Heilige‘, während die zweite und dritte Woche als mәkwrab‚Synagoge‘ und maṣagw ̔ә ‚ein Kranker‘ bezeichnet sind. Die letzte drei Wochen heißen sәbkat “Predigt”, bәrhan “Licht” und nolawi “Hirte”. Die drei Sonntage dieser letzten drei Wochen werden zu den 9 kleinen Festen unseres Herrn Jesus Christus gezählt. An diesen Tagen wird in der Nacht ein besonderes Lob (Mahlet) gesungen und danach wird wie gewohnt eine Liturgie gefeiert. In der gesamten Adventszeit ist das Hauptthema, das sich in Mahlet, in der Liturgie und sogar in der Predigt widerspiegelt, die Inkarnation und Selbstoffenbarung des Sohnes Gottes im menschlichen Körper.

Der letzte Ritus des Advents ist das Feiern von Weihnachten. Wie bereits erwähnt, ist Weihnachten einer der berühmtesten Feiertage in der äthiopisch- orthodoxen Tewahido-Kirche, wie zum Beispiel Dreikönigstag und Ostern. Die lokale Bezeichnung lautet Ledat (Geburt). Es wird am 7. Januar gefeiert. Es gibt einen Abendgottesdienst. Die Abschlussfeier beginnt jedoch am Vorabend um 20:00 Uhr und endet um 03:00 Uhr. Um an der Feier teilzunehmen, verbringen die Gläubigen die Nacht in der Kirche mit Beten und Singen. Dies soll daran erinnern, dass der Herr in der Nacht geboren wurde und dass die Hirten gemeinsam mit den himmlischen Engeln in derselben Nacht sangen, um den eingeborenen Sohn zu verherrlichen (Luk. 2).

Nach der Rückkehr aus der Kirche feiern die Gläubigen den ganzen Tag über das Fest in verschiedenen kulturellen Zeremonien. Jugendliche und Erwachsene spielen ein spezielles Weihnachtsspiel, das auf Amharisch ya-gann ćawata (Weihnachtsspiel) heißt. Es sieht irgendwie aus wie Hockey. Der andere großartige Teil der Feier ist, dass Haushalte, Verwandte und Nachbarn den Tag zusammen verbringen. Sie frühstücken im Haus des einen und essen im Haus des anderen zu Mittag. Väter oder Ehemänner sind dafür verantwortlich, ein Lamm oder Hühner zu kaufen und zu schlachten. Mütter oder Ehefrauen sind hingegen dafür verantwortlich, das wunderbare und köstliche Essen zuzubereiten und zu präsentieren, das jeder für den Feiertag mit Spannung erwartet. All diese traditionellen und kulturellen Aspekte zeigen, dass Weihnachten ein großer christlicher Feiertag und ein Tag der Liebe und des Zusammenhalts ist.

“Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen Seines Wohlgefallens.“

Möge der Allmächtige Gott mit uns sein.